Der allerletzte Tag des Sommers
Nachbarn wollten auch zum Meer, und sie hatten noch einen Platz im Auto frei. Am Meer aber mussten wir voneinander unabhängig sein; der Strand war dafür lang genug. Am Himmel übte eine Luftwaffe. Riesige Transportmaschinen flogen ihre Tanks leer und zeigten mir immer wieder die Bäuche. Ich kannte den Typ. Später kamen auch noch Düsenjäger. Die Geräusche hatte ich so laut und dicht seit den frühen Neunzigern nicht mehr gehört. Es machte mir nicht viel aus. Ein Mann lag im Sand, schaute mich an, als ich vorbeiging, und sagte: "Sie haben gute Laune!" Ich konnte es nur bestätigen. Der Sommer wurde geschlossen, die Strandkörbe kamen auf die Anhänger, beim Yachthafen diskutierte der Hafenmeister mit einem Freund über unangenehme Liegeplatzbesitzer. Im Restaurant gab es keinen Fisch mehr, aber der Kiosk am Campingplatz hatte zum Glück noch mit Kundschaft gerechnet. Überall war diese Nachsaison-Stimmung, die ich so mag, weil sie eine bessere Art der Melancholie ist. X Farben blau. Und angeschwemmter Tang, der so gut roch, wie er nur riechen kann. Selbst der geringe Salzgehalt der Ostsee tat meinen Bronchien gut. Auf dem Weg zur Bushaltestelle sah ich eine Libelle auf dem Asphalt liegen. Sie wirkte, als sei sie einfach hingefallen, weil es Zeit war. Einer der vier Flügel zuckte und knisterte noch.
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Ich bin Schriftsteller, Journalist und Fotograf. Meine Biographie ist langweilig, mein Leben ist es nicht.
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Die Arbeit an Homepages habe ich immer sehr mühsam gefunden.