Lokales Seebad
Das Kindergeschrei hatten wir vorhergesehen. Sonnenöl, Libellen und Kormorane vielleicht auch. Wir waren ja nicht ganz naiv gewesen, wir hatten Probleme für möglich gehalten: Jugendliche in Gruppen. Nur noch Stehplätze übrig. Trunkenheit auf dem 1-Meter-Brett. Nicht vorhergesehen hatten wir den schönen Schattenplatz unter Bäumen, also dann das Rauschen des Buchenlaubs über unseren Köpfen. Das weiche Wasser und die freien Blicke von der Boje im See aus, über die graugrüne Fläche hin, vom Wind gekühlt, von der Sonne gewärmt. Wir hatten nicht das alte Gefühl einberechnet, das sich auf der Haut beim Trocknen breitmacht nach einem Wassergang ohne Chlor. Die Nachbarn auf den Decken und Handtücher waren diskret wie Schweden, sogar Kleinkinder schrieen nie zu lang. Wir drehten abwechselnd unsere Runden. Hörten dem Buchenrauschen zu, oder unseren Kopfhörern, um noch ein wenig mehr in uns selbst zu sein. Wir zählten uns auf dem Rückweg auf, was prima gewesen war, oder zumindest besser als gedacht. Es fühlte sich an wie die Rückkehr von einer gelungenen Reise.
Lokales Seebad II
Zwei Wochen später bereitete sich der Herbst vor, das heißt, er war schon da. Vielleicht der wärmste Tag des Jahres, aber die Blätter wurden nicht mehr nur von der Hitze gelb. Wir hatten wieder genug Schatten für unsere Körper, die nicht mehr so viel Sonne aushalten. Ich ging zweimal ins Wasser und sprang zweimal vom Brett für die Kinder und die älteren Herren. Mehr Laub schwamm umher, und du sagtest, dass dich der Kontakt mit Pflanzenmaterial beim Schwimmen immer beunruhige, aber nicht zu sehr. Der Wind rauschte in allen Uferbäumen, nur hörte ich es nicht die ganze Zeit, denn meine Kopfhörer gaben mir Musik, die wie Wind rauschte. Ich bestand ein weiteres Mal darauf, zum Abschied ein buntes, billiges Eis am Stiel zu essen, wegen der kalten, knalligen Süße im Mund wie damals. Du sagtest auf dem Weg nachhause: "Wir haben schon viele schöne Dinge erlebt, seit wir uns kennen."
Am nächsten Tag fiel mir vom Ufer des Sees aus ein Schwarm kleiner Fische auf, der sich hierhin und dorthin wendete, wie ein größerer Fisch aus kleinen Fischen. All diese Tiere waren auch mit uns im See gewesen, und wir hatten nichts von ihnen bemerkt.
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Ich bin Schriftsteller, Journalist und Fotograf. Meine Biographie ist langweilig, mein Leben ist es nicht.
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Die Arbeit an Homepages habe ich immer sehr mühsam gefunden.